Von 2009 bis einschließlich 2012 habe ich aktiv Twilight-Fanfictions geschrieben und war voll im Thema. Die Bücher von Stephenie Meyer kannte ich vorwärts, rückwärts und seitwärts, war also Feuer und Flamme für die Saga samt aller Charaktere und habe die Bücher geliebt. Aber da ich von Anfang an Team Jacob war und unbedingt wollte, dass der Wolf am Ende das Mädchen bekommt, war ich mit dem Ende nicht ganz so glücklich. Deshalb habe ich mich spontan entschieden, mein eigenes Ende zu schreiben. Parallel dazu bin ich zufällig auf einer Fanfiction-Seite gelandet und habe festgestellt, dass ich nicht die einzige Leserin mit Schreibambitionen war und dass es tatsächlich eine Bezeichnung für meine stetig wachsende Geschichte gab. Nämlich Fanfiction.
Aus einer Geschichte wurden insgesamt drei mehrere hundert Seiten lange "Bücher", hinzukamen einige Kurzgeschichten und sogenannte "One Shots". 2012 habe ich dann in jeder freien Minute an Campari? und Campari auf Eis gearbeitet. Ursprünglich waren es zwei getrennte Geschichten, deren einzelne Kapitel ich im wöchentlichen Wechsel auf den Fanfiction-Seiten veröffentliche habe, auf denen ich zu dieser Zeit noch aktiv war. Campari? war aus Elizabeths Sicht und Campari auf Eis aus Jacks Sicht geschrieben. Zu meiner Überraschung kamen beide Geschichten unerwartet gut an, obwohl ich zum ersten Mal "out of character" und "all human" geschrieben habe. Etwa beim 10. Kapitel wurde mir dann so richtig bewusst, dass die Story, bis auf die Namen, mit Twilight überhaupt nichts mehr zu tun hatte und völlig allein stehen konnte.
Kurz darauf habe ich beide Geschichten aus dem Netz genommen, den Charakteren andere Namen gegeben und aus dem Wolf Pack das Rat Pack gemacht, wobei sich die Campari-Protagonisten natürlich nicht in Ratten verwandeln. Das wäre ja echt ... nee :oD
Wenig später bin ich dazu übergegangen die beiden unterschiedlichen Sichten miteinander zu verbinden, deshalb werden die Bücher in konstant wechselnden POVs (Point of View) erzählt. Der Wechsel zwischen Elizabeth und Jack findet also kapitelweise statt.
Ende 2014 habe ich den ersten Teil der Dilogie fertig gestellt und konnte kaum glauben, dass ich tatsächlich meinen Debütroman geschrieben habe. Ein komplettes eigenständiges Buch. Keine Fanfiction. Ein unglaublich schönes Gefühl.
Genau das habe ich mich gefragt, nachdem ich "Fortsetzung folgt ..." unter das fertige Manuskript geschrieben habe. Mich einfach nur weiter darüber freuen, dass ich es geschafft habe, ein Buch zu schreiben? Oder nochmal mutig sein und den Schritt einer Veröffentlichung wagen?
In erster Linie habe ich mich weiter riesig über mein Erstlingswerk gefreut, aber auch mit Veröffentlichungswegen auseinandergesetzt, weil es wahrscheinlich in der Natur eines jeden Autoren liegt, nicht für sich allein zu schreiben, sondern die fertigen Geschichten zu teilen und Leser zu finden.
Der allererste und naheliegendste Gedanke war natürlich ein Verlag. Und ja, naiv, wie man ist, wenn man Neuland betritt, bin ich davon ausgegangen, die Verlage würden sich um dieses wundervolle Projekt reißen. Schließlich war es meine Geschichte. Mein Umfeld fand Campari? auch ganz toll. Da konnte praktisch überhaupt nichts schiefgehen und ich war mir absolut sicher, jeder würde dieses Buch lieben.
Ich muss immer noch ein bisschen lachen, wenn ich an meine anfängliche Euphorie und meinen Enthusiasmus denke.
Google hat mir dabei geholfen die Adressen von allen großen deutschen Publikumsverlagen herauszufinden. Mein Drucker ist heiß gelaufen, die Post hat sich über meinen vermehrten Briefmarkenverbrauch gefreut und ich habe breit grinsend einen dicken Umschlag nach dem nächsten in den Postkasten geworfen.
Da einer der Verlage gar nicht so weit von meinem Zuhause entfernt ist, habe ich mich schick angezogen und bin dort in Begleitung einer Freundin sogar persönlich eingetrudelt. So businessmäßig wie möglich, versteht sich, da ich einen guten Eindruck hinterlassen wollte.
Die Empfangsdame wirkte extrem irritiert, als ich ihr freudestrahlend mein Anliegen vorgetragen habe, und hat mich anschließend freundlich darauf hingewiesen, dass persönliches Erscheinen eher nicht gewünscht ist und unverlangte Manuskripte nur über den Postweg angenommen werden. Ganz schön peinlich. Aber ich hatte Glück im Unglück, weil die Tochter der Verlagsinhaber die Situation zufällig mitbekommen hat und ich ihr wahrscheinlich sehr leidgetan habe. Sie war so freundlich, meine Mappe entgegenzunehmen und hat der Empfangsdame aufgetragen, sie möge mein Manuskript bitte ans Lektorat weiterleiten. Das fand ich unglaublich lieb von ihr.
Auf den meisten Verlagsseiten steht, die Prüffrist würde bei mindestens 12 Wochen liegen, man solle von telefonischen Nachfragen absehen und wenn man nach den besagten 12 Wochen nichts hören würde, könnte man das als Absage betrachten.
Was soll ich sagen? Natürlich habe ich nichts gehört. Von keinem einzigen Verlag. Lediglich einer war so freundlich, mir eine Eingangsbestätigung zu schicken.
Absagen, auch wenn sie nicht ausgesprochen werden, sind nicht schön und tun auch manchmal weh. Vor allem, wenn es um so etwas Persönliches wie das eigene Buch geht, in das man unglaublich viel Zeit, Liebe und Herzblut investiert hat. Aber so läuft das Spiel in der Verlagswelt. Und das meine ich überhaupt nicht böse.
Mittlerweile weiß ich, dass die Verlage tagtäglich von unverlangt eingesandten Manuskripten regelrecht überschüttet werden und dass es viel mehr Autoren gibt, als ich je für möglich gehalten hätte. Gefühlt gibt es mittlerweile sogar mehr Autoren als Leser.
Was ich noch weiß? Dass ich mich vorab nicht gut genug informiert und deshalb so ziemlich alles falsch gemacht habe, was man nur falsch machen kann. Angefangen beim fehlenden Anschreiben, dem ungeschickten Exposé, bis zur Formatierung.
Trotz des Desinteresses der Verlage habe ich mich nicht unterkriegen lassen, weil ich mein Debüt unbedingt veröffentlichen wollte und bin unter die Selfpublisher gegangen.
Da die Rohfassung eines Manuskripts nie perfekt ist, habe ich mich so hart wie irgend möglich selbst lektoriert. Anschließend ging es an den Klappentext. Dann galt es noch das Titelrecht zu klären, da Campari ja eine eingetragene Marke ist, deshalb habe ich die Campari Group Deutschland angeschrieben. Sie waren zwar überrascht, aber haben mir freundlicherweise die Genehmigung für beide Bücher erteilt - mein erstes Erfolgserlebnis bei der Verwirklichung dieses Projekts. Danach habe ich eine Grafik bei Fotolia (jetzt Shutterstock) gekauft und eine liebe Bekannte hat mir daraus die Buchcover für Campari? und Campari auf Eis gebastelt.
Abschließend habe ich das Cover samt des formatierten Manuskripts mit ungesund schnellem Herzschlag und glühenden Wangen bei Amazon hochgeladen. Nach erfolgreicher Prüfung wurde das Buch freigeschaltet und ist am 15.02.2015 erschienen.
Ich bin tatsächlich von insgesamt maximal zwanzig Buchverkäufen ausgegangen, weil ich nur mit meinem direkten Umfeld gerechnet habe. Denjenigen, die mich kennen und eben auch lesen. Aber es sind sooo viele mehr gewesen, dass ich die Zahlen kaum glauben konnte und sie ständig auf Richtigkeit kontrolliert habe.
Am Osterwochenende 2016 habe ich die Fortsetzung der romantischen Komödie ebenfalls im Selfpublishing bei Amazon veröffentlicht und Campari auf Eis hat nicht nur Campari? wieder im Ranking nach oben katapultiert, sondern einen richtig großen Knall ausgelöst. Zumindest was meine Erwartungen betroffen hat, denn die wurden weit übertroffen und das nicht nur mit den unglaublichen Verkaufszahlen. Dieses Buch hat es geschafft die Kindle All Star Auszeichnung zu bekommen und ich habe ebenfalls eine bekommen, als eine der am meisten gelesenen Autorinnen im April. Ich konnte überhaupt nicht glauben, was da passiert ist und tue mich damit offen gestanden immer noch schwer. Campari? und Campari auf Eis sind bis heute meine kommerziell erfolgreichsten Bücher.
Egal, wie viele Türen auch zugehen mögen, eine bleibt garantiert offen und manchmal versteckt sich dahinter genau der richtige Weg. Zumindest für den Moment. Denn am Ende dieses Weges befinden sich vielleicht noch mehr Türen, die nicht verschlossen sind.