Behind the scenes

- Hinter den Kulissen -


Der erste Gedanke war ein ganz anderer

 

Meistens entwickelt sich aus meinen ersten Gedanken eine komplette Geschichte. Eher selten kommt es vor, dass der erste Gedanke ein ganz anderer ist und kein richtiges Feuer fängt. Aber genau das ist bei Love without Limits passiert. 

 

Im ersten Kapitel saß ein Mann in einem Tattoo-Studio und während die Tätowierung auf seiner Brust mit jedem schmerzhaften Nadelstich mehr Gestalt annahm, durchlebte er in seinen Gedanken nochmal die dramatischen Ereignisse um seine große Liebe.

 

Wer Love without Limits bereits gelesen hat, weiß, dass die Geschichte ganz anders anfängt und oben beschriebene Szene im Buch weder vorkommt noch irgendeine Rolle spielt. So kann es manchmal gehen.

 

Die Szene habe ich allerdings nicht gelöscht, sondern in meinem Ideen-Ordner abgespeichert. Vielleicht wird daraus ja irgendwann doch noch eine Geschichte.

 

Guck mal hier: Kennst du Impress? Die veranstalten einen Wettbewerb.

 

Wie alle Autoren habe ich natürlich auch Freunde und Bekannte aus der Schreiberszene. Darunter Denise Mann (story-board.de), die ich 2009 in einem Fanfiction-Forum kennengelernt habe und mit der mich bis heute eine innige Freundschaft verbindet. 

 

Im Sommer 2017 trudelte dann plötzlich eine ganz besondere WhatsApp-Nachricht von ihr ein. Da es schon eine ganze Weile her ist, kann ich mich an den genauen Wortlaut nicht mehr erinnern, aber in etwa müsste er so gewesen sein:

 

"Guck mal hier."  

Es folgte ein Screenshot. 

"Kennst du Impress? Die veranstalten einen Wettbewerb. Wäre das nichts für dich?"

 

Von Impress hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nie etwas gehört, aber da ich gerade Zeit hatte, habe ich mir die Seite auf dem Screenshot in Ruhe angesehen und die Wettbewerbsregeln durchgelesen. Es ging darum, einen Pitch zu einer Idee oder von einem aktuellen noch unveröffentlichten Projekt einzureichen, idealerweise das Lektorats-Team damit zu begeistern und womöglich einen von zehn Lektoren-Speed-Dating-Terminen auf der FBM 2017 zu gewinnen.

 

Mein Interesse war sofort geweckt!

 

Die Sache mit dem Pitch

 

So leicht, wie es sich in den Wettbewerbsregeln gelesen hat, war die Sache mit dem Pitch dann doch nicht, weil die Herausforderung darin besteht, ein mehrere hundert Seiten langes Manuskript in einem Satz, bis maximal drei Sätzen auf den Punkt zu bringen. Und das möglichst spannend. Erschwerend hinzu kam, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen einzigen Pitch geschrieben hatte.

 

Bei meiner Internet-Pitch-Recherche bin ich schließlich auf einen Beitrag gestoßen, der nicht nur sehr informativ war, sondern auch im Einzelnen erläutert hat, welche Fragen der Pitch beantworten muss. Also habe ich mich hingesetzt und eben diese Fragen der Reihe nach beantwortet und abschließend die Antworten zusammengefügt. Danach saß ich vor zehn Sätzen, die den Inhalt meines Manuskripts erstaunlich gut auf den Punkt gebracht haben. Ein Pitch war das zwar noch nicht, aber immerhin ein Anfang.

 

Dann ging es ans Kürzen, bis alle wichtigen Informationen auf drei Sätze komprimiert waren. Anschließend kam noch der sogenannte Feinschliff, damit diese drei Sätze zu einem flüssigen und ansprechenden Gesamtbild wurden. Und fertig war mein erster Pitch.

 

Normalerweise neige ich dazu vieles zu zerdenken. Seltsamerweise habe ich das an diesem Tag nicht getan, sondern einfach eine E-Mail samt meines Pitchs an Impress geschickt.

 

FBM - ich komme!

Eigentlich spricht das Bild für sich, aber es spiegelt natürlich nicht meine Gefühle wieder, als ich einige Tage nach dem Absenden meiner E-Mail an Impress eine von zehn Einladungen zum Lektoren-Speed-Dating auf der FBM17 erhalten habe. 

 

Ich dachte, ich kippe vom Stuhl, als ich die Antwort gelesen habe. Die Freude war natürlich riesengroß und ist nur mit einer waschechten emotionalen Achterbahnfahrt zu beschreiben. Der allererste Pitch, den ich je geschrieben habe, hat es tatsächlich geschafft, mir die Tür zur Verlagswelt einen Spaltbreit zu öffnen.

 

Lektoren-Speed-Dating

 

Blass, blasser, leichenblass, völlig farblos - Anja Tatlisu. 

 

Wenn ihr nach eurem Namen gefragt werdet und er euch nicht einfällt, könnt ihr euch vielleicht ansatzweise vorstellen, wie nervös ich war, als ich auf der völlig überfüllten Frankfurter Buchmesse am Carlsen-Info-Stand vorstellig werden musste.

 

Ohne meine Freundin, die mich dorthin begleitet hat, wäre ich spätestens an dem Punkt wieder zurück ins Parkhaus gerannt und auf direktem Weg nach Hause gefahren. Aber Denise war mein unerschütterlicher Fels in der Brandung, hat mich ständig versucht zu erden und natürlich davon abgehalten, mich klammheimlich davon zu stehlen.

 

Dann war er da, der Moment, an dem mich die Programmleitung und meine spätere Impress-Lektorin mitten auf dem wunderschönen Carlsen-Messestand gemeinsam begrüßt haben. Ich war so beeindruckt von dem ganzen Drumherum, dass sich meine Wortfindungsstörungen erst einmal fortgesetzt haben und gefühlt nur zusammenhangloses Gefasel aus mir herausgekommen ist, obwohl die beiden sich alle Mühe gegeben haben, mir meine Nervosität zu nehmen.

 

Tatsächlich kann ich mich bis heute noch an alle Einzelheiten dieses ungewöhnlichen Tages erinnern, aber das Speed-Date mit den Lektoren irrt nur in nebulösen, zusammenhanglosen Fetzen durch meine Erinnerungen.

 

Okay, dann eben nicht ...

 

"Wir melden uns bei dir", hieß es zum Abschied auf der Frankfurter Buchmesse. Danach vergingen viele Wochen, in denen genau gar nichts passierte. Doch dann, im Dezember, als ich schon gar nicht mehr damit gerechnet habe, bekam ich plötzlich eine E-Mail von Impress, in der es hieß, sie würden sich für mein Manuskript interessieren und wenn ich wollte, könnte ich es ihnen gerne zuschicken. Natürlich wollte ich!

 

Da ich zu diesem Zeitpunkt das Manuskript noch nicht komplett fertiggestellt hatte, haben wir uns auf einen Einsendetermin in der zweiten Januarwoche geeinigt und ich habe die Zeit bis dahin genutzt, um die Geschichte zu beenden. 

 

Wieder vergingen mehrere Wochen, in denen rein gar nichts passierte. Keine Ahnung, ob es Enttäuschung, Trotz oder eine Mischung aus beidem war, was sich in mir breit gemacht und dazu verleitet hat, einen anderen Verlag zu kontaktieren, aber ich habe es getan und den Pitch, ein Exposé und eine Leseprobe an Harper Collins geschickt.

 

Überraschenderweise bekam ich etwa 24 Stunden später eine Rückmeldung, in der es hieß, sie würden gerne das vollständige Manuskript haben. Postwendend bin ich der freundlichen Aufforderung nachgekommen und habe mein Manuskript abgeschickt.

 

Ziemlich genau 48 Stunden danach kam eine positive Rückmeldung mit einem Feedback zu meiner Geschichte und einem Vertragsangebot. Das musste ich erstmal sacken lassen. Die E-Mail habe ich mindestens zehn Mal gelesen, weil ich es einfach nicht glauben konnte.

 

Es folgte ein reger Mailaustausch mit der Lektorin, die von meinem Manuskript total begeistert war und alles, aber auch wirklich alles, hat sich unfassbar toll angehört. Wäre da nicht zum einen die Sache mit dem Taschenbuch gewesen und zum anderen die noch ausstehende Rückmeldung von Impress.

 

Da ich es nicht mag vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, stelle ich umgekehrt auch niemanden vor vollendete Tatsachen. Deshalb habe ich mich ein Herz gefasst und bei Impress angerufen, um ihnen den aktuellen Stand der Dinge mitzuteilen.

 

Oder vielleicht doch?

 

Um Ostern 2018 herum habe ich schließlich auch eine positive Rückmeldung von Impress bekommen und musste mich entscheiden, welchem Verlag ich denn nun mein Buchbaby anvertrauen möchte. Die Entscheidung war gar nicht so einfach, weil die Lektoren beider Verlage so unglaublich nett waren. Und mit nett meine ich in diesem Fall nicht nett in Form der kleinen Schwester von ..., sondern wirklich nett.

 

Die Vertragsklauseln im Einzelnen haben sich bis auf wenige Kleinigkeiten kaum voneinander unterschieden, da es Standardverträge waren, die Neuautoren ohne Agentur im Rücken pauschal angeboten werden. Letztendlich war das Zünglein an der Wage bei Impress zumindest die Aussicht auf ein Taschenbuch zu haben, wenn sich das EBook gut genug verkaufen würde, bei Harper Collins hingegen war dies für einen Neuling wie mich vertraglich definitiv ausgeschlossen. Deswegen habe ich mich für Impress entschieden. Natürlich auch, weil Carlsen als Mutterverlag hinter diesem Label steht. Und somit Harry Potter und Twilight und ...

 

Herzlich Willkommen bei den Impress-Autoren!

 

Als einige Wochen später der Vertrag per Post kam, war das einer dieser Momente, in denen man kaum begreifen kann, was da gerade passiert und sich selbst kneifen muss, um zu verstehen, dass es kein Traum, sondern wirklich echt ist.

 

Von diesem Zeitpunkt an blieb die Spannung konstant hoch. Alles war so neu und wahnsinnig aufregend. Ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah, aber es fühlte sich unfassbar toll an.

 

Das erste Verlags-Lektorat

 

Natürlich ist jeder Autor unendlich stolz auf sein fertiges Manuskript und davon überzeugt, sein Bestes gegeben zu haben. So auch ich. Allerdings habe ich schnell gelernt, dass kein Rohmanuskript perfekt ist.

 

Insgesamt besteht so ein Lektorat aus drei Durchgängen und einem abschließenden Korrektorat. Wobei das eventuell von Verlag zu Verlag unterschiedlich gehandhabt wird. Als ich den ersten Durchgang von meiner Lektorin zurückbekommen habe, dachte ich, ich könnte gar nichts und habe mich ernsthaft gefragt, warum der Verlag mir überhaupt einen Vertrag angeboten hat. Sooo viele Kommentare ...

 

Heute weiß ich allerdings, dass es nur meine subjektive Wahrnehmung war und sich mein Ego verletzt gefühlt hat, denn so schlimm war es überhaupt nicht. Aber es war neu, gefühlt total unübersichtlich, hat mich gestresst und im Verhältnis zum Schreiben überhaupt keinen Spaß gemacht. 

 

Rückblickend betrachtet bin für diese Erfahrung aber sehr, sehr dankbar. Nicht nur, was mein erstes professionelles Lektorat betrifft, sondern auch alle, die danach noch gekommen sind. Man lernt nun mal nie aus und egal, wie anstrengend es auch manchmal war, unterm Strich betrachtet hat mir jedes einzelne Lektorat weitergeholfen und einen positiven Domino-Effekt mit sich gebracht, weil die nächste Geschichte von meinem erweiterten Wissen profitieren konnte. Und so ist es bis heute geblieben.

 

Titel und Cover

 

Ich muss gestehen, dass der Tag, an dem ich mich von meinem Arbeitstitel und meinen Covervorstellungen verabschieden muss, nach wie vor der absolute Horror für mich ist. Bei Love without Limits hat es mich besonders hart getroffen, eben weil es das erste Mal war, dass jemand anderes darüber bestimmt hat und unsere Vorstellungen unterschiedlicher kaum hätten sein können.

 

Über ein Jahr habe ich insgesamt an meinem Manuskript mit dem Arbeitstitel Grace geschrieben und mir bereits ein sehr schönes, aber schlichtes Cover entwerfen lassen, weil ich eigentlich davon ausgegangen war, das Buch würde wieder im Selfpublishing erscheinen.

 

Im direkten Vergleich lagen bzw. liegen Welten zwischen den beiden Covern. Das von mir in Auftrag gegebene ist weiß mit einem schwarzweiß skizzierten Porträt eines Mädchens darauf und der einzig winzige Farbklecks ist die Augenfarbe dieses Mädchens, das in meiner Vorstellung Grace darstellt, die Hauptprotagonistin von Love without Limits.

 

Letztendlich habe ich mich sowohl mit dem Verlagstitel als auch mit dem Cover arrangiert, wenngleich ich bis heute der Meinung bin, dass das bunte Cover dem ernsten und teils sehr dramatischen Inhalt der Geschichte nicht wirklich gerecht wird.

 

Releaseday

 

Am 02.08.2018 - etwa zehn Monate nach dem Lektoren-Speed-Dating auf der FBM17 war es dann soweit und Love without Limits hat nach einer recht abenteuerlichen Reise als mein erstes Verlagsbuch das Licht der Buchwelt erblickt.